Kurz vor 19 Uhr bildete sich eine kleine Schlange am Westeingang. Doch der Andrang war nicht besonders groß, die Schätzungen der Anwesenden reichen von 200 (Sächsische Zeitung) bis 350 (Radio Dresden).
Ein Freund hatte mich überredet und ich hatte mich innerlich schon auf lautstarke Diskutanten eingestellt, doch dann sollte es anders kommen. Seit er das Amt vom eher stillen Stanislaw Tillich übernommen hat, tourt Ministerpräsident Kretschmer durch die Lande. Er will offenbar dem Volk aufs Maul schauen, zuhören und Probleme erkennen.
Das tut aber das Sachsen-Volk nicht. Der größte Teil und auch ich folgte dem Ministerpräsidenten in den sogenannten Bienenkorb, einen der prunkvollsten Räume der ganzen Staatskanzlei. Dort gruppierten sich die Bürger artig im Rund. Jeder Bürger hatte die Gelegenheit Fragen zu stellen und Kretschmer, einem Talkshow-Moderator gleich, antwortete in die Runde. Eine Rolle, die ihm zu liegen scheint. Nach einem Dutzend dieser Gesprächsrunden in ganz Sachsen ist er vermutlich aber auch geübt.
Die Themen und Fragen fliegen ihm entgegen. Rente, Erdoğan und die Grauen Wölfe, Abschiebepflichtige, Herz statt Hetze. Der sächsische Regierungs-Chef bleibt freundlich und souverän. Auch wenn er sich die eine oder andere Spitze nicht verkneifen kann. Einem „Pro-Chemnitz“-Sympathisanten hält er entgegen: „Dass haben Sie doch neulich schon in Chemnitz gefragt.“ Der Herr grummelt und verlässt den Raum, als ein anderer Bürger mehr Aufmerksamkeit für Integrationsbemühungen fordert.
Ich verlasse den Raum, will noch schnell Eindrücke bei Innenminister und Bildungsminister sammeln. Roland Wöller ist gerade beim Thema Verkehrssünder, dann folgt ein kurzer Ausflug zum Thema rechtsextremistischer Terror, mit Blick auf die tagesaktuellen Ereignisse. Dann eine detaillierte Frage zur Förderung des ländlichen Raumes. Lächelnd versichert der Innenminister, dass er weiß, wo Weesenstein liegt – und bei der Förderung könne nur das Geld ausgegeben werden, dass eingenommen werde.
Schnell weiter zur nächsten Gesprächsrunde, auch beim Bildungsminister Christian Piwarz sitzen ein paar Interessierte. Gerade geht es um Integration und Inklusion. Piwarz: „Wir stehen zu unseren Förderschulen.“ Dann ist die Zeit rum. Das Volk sammelt sich wieder vor den Löwen in der Kuppelhalle. Es werden Getränke und Brezeln gereicht. Die einzelnen Minister berichten von ihren Runden.
Ein interessanter Abend. Ich wünschte mir, dass mehr der Unzufriedenen und Nörgler mal solch eine Gelegenheit nutzen um Politik und Politiker zu erleben.
In den Dresdner Neuesten Nachrichten und der Sächsischen Zeitung gibt es zwei interessante Berichte zu der gestrigen Veranstaltung.