Schön dick trägt er die gelbe Farbe auf. Der Hauseingang muss leuchten. Und siehe da, der Chef ist zufrieden: „Sieht doch schön aus.“ Doch er bleibt realistisch: „Wenigstens für den Moment.“ Ein Malermeister streicht eine Durchfahrt auf der Louisenstraße an, wie ich der vorangegangenen zynischen Bemerkung entnehme, wahrscheinlich nicht zum ersten Mal.
Kein Wunder solch eine jungfräulich reine Wand lockt diejenigen an, die unter bunter Neustadt etwas anderes verstehen als Pastell-Töne. Der Maler sagt dann noch etwas von „Foto machen“, weil sonst ja keiner glaubt, dass die Wand neu gestrichen wurde.
Doch nicht überall sind diese so genannten Graffiti wirklich schön, obwohl der Kunstbegriff bekanntlich weit dehnbar ist. Einige Hausbesitzer stecken ziemlich viel Mühe in die Reinhaltung ihres Besitzes, andere wiederum haben schon lange aufgegeben.
Wenn ich an der Kreuzung zwischen Alaun- und Louisenstraße die Neubauten vergleiche, fällt mir eine gewisse Ähnlichkeit auf, von weitem wirken beide Häuser schwarz gepunktet. Erst bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass an der einen Ecke wohl etliche Farbbeutel für die Dekoration Pate standen, an der anderen Ecke hingegen liebevoll Schwalben aufgemalt wurden. Ob der Architekt damit den Farbbeutelwerfern zuvor kommen wollte?